Italien in der Renaissance


Ein Blick hinter die Kulissen von Florentia – Im Glanz der Medici

Über die Familie Medici – und insbesondere über Lorenzo den Prächtigen – wurde schon viel geschrieben. Bei mir füllen die Werke über ihn fast allein ein Regal. Oft wird Lorenzo dabei als der geniale, aber einsame Politiker beschrieben, der sich aller Widerstände zum Trotz für mehr als zwanzig Jahre an der Spitze von Florenz halten konnte.

Seine Familie wird, je nachdem, welches Buch man liest, meist eher als Hemmschuh dargestellt: Der unzuverlässige jüngere Bruder, die überstarke Mutter, die fromme Ehefrau…

Mir erschien diese Darstellung schon eine Weile lang nicht mehr schlüssig. Lorenzos Mutter Lucrezia führte teilweise die Geschäfte der Bank und war zu ihrer Zeit eine bekannte Dichterin; Lorenzos Ehefrau Clarice vertrat die Medici mehr als einmal in Rom, und Giuliano war als Lorenzos Botschafter in ganz Oberitalien unterwegs. Lorenzo hatte zu ihnen allen ein liebevolles Verhältnis, das belegen seine Briefe (auch wenn die Medici keinesfalls vor kleineren und größeren Familienstreitigkeiten gefeit waren).

Ich habe mich also gefragt, ob Lorenzos Leistung nicht allein von ihm abhing, sondern ob es nicht eher #TeamMedici war, dass die Familie in der Renaissance so erfolgreich machte.

Leonardo da Vinci war schwul; das wird heute von der Forschung als sicher angesehen. Trotzdem hat sich die Kunstgeschichte bis vor relativ kurzer Zeit gescheut, Leonardos Queerness anzuerkennen und sich damit auseinanderzusetzen, obwohl diese natürlich auch Einfluss auf seine Weltsicht, seine Modelle und seine Werke hatte.

Mir war es ein Anliegen, Leonardo im Roman nicht nur als den genialen Künstler und Ingenieur zu zeigen, den heute die ganze Welt kennt, sondern auch als einen jungen Mann, der seinen Platz in der Welt sucht – als Maler, als Freund und als Liebender.

Die im Roman vorkommende Anklage gegen Leonardo und drei weitere Florentiner, sich der damals unter Strafe stehenden Sodomie schuldig gemacht zu haben, ist historisch belegt. Die Liebesgeschichte, die sich darum herum in „Florentia“ zwischen Leonardo da Vinci und Luca Tornabuoni entspinnt, ist fiktiv, könnte sich aber so zugetragen haben.

Über die reale Fioretta Gorini ist relativ wenig bekannt, außer, dass sie ein uneheliches Kind mit Giuliano de’ Medici hatte. In Geschichtsbüchern wird sie oft nur mit diesem einen Satz erwähnt. Da wir so wenig über sie wissen, hatte ich die Freiheit, Fioretta zu einer ehrgeizigen jungen Frau zu machen, die in allem mehr erreichen will, als ihre Zeit eigentlich für sie vorgesehen hat: Sie träumt davon, ihre künstlerische Begabung zu nutzen und Malerin zu werden und sie verliebt sich – zunächst scheinbar aussichtslos – in einen Medici.

Fioretta steht dabei stellvertretend für die bedeutenden Künstlerinnen, die in der Renaissance und danach wirkten, deren Ruhm aber oft im Vergleich zu dem ihrer männlichen Kollegen vergessen wurde: Sofisbona Anguissola, Lavinia Fontana und Artemisia Gentileschi – das ist für euch!

Mit allen Figuren in „Florentia“ wollte ich einen neuen Blick auf eine bekannte Geschichte werfen, auf Männer und Frauen, die Großes leisten, aber von denselben Zweifeln, Sorgen und Ängsten umgetrieben werden, die uns auch heute noch beschäftigen.

Drei Fragen zu Raffael – Das Lächeln der Madonna

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, über den Maler Raffael zu schreiben?

»Bei der Restaurierung eines Gemäldes, das Raffaels Geliebte Margherita Luti zeigt, erwies sich, dass das Bild schon kurz nach seiner Entstehung bearbeitet wurde. Ein Rubinring, den Margherita in der Originalfassung trägt, wurde dabei übermalt. Ein italienischer Kunsthistoriker vermutete, dass der Ring auf eine geheime Hochzeit hinweist, die kurz vor dem Tod des Künstlers stattgefunden haben könnte. Mich faszinierte die Frage, was es wohl war, das Raffael dazu zwang, die Frau, die er liebte, nur im Geheimen zu heiraten? Und welchen Skandal wollten seine Schüler verschleiern, als sie Margheritas Ehering so kurz nach dem Tod ihres Meisters übermalten?«

Was fasziniert Sie an der Zeit der Renaissance?

»Einerseits war es eine grausame Zeit, in der Päpste, Fürsten und Könige ständig miteinander im Krieg lagen, andererseits aber auch eine Epoche, in der sich das Denken und Wissen radikal wandelten. Der Buchdruck begann seinen Siegeszug, ein neuer Kontinent wurde wiederentdeckt, und ein Leben in Wohlstand war nicht länger nur dem Adel vorbehalten, sondern auch Bürger, Banker und Maler konnten plötzlich ihr Glück machen. Und im Zentrum dieser Veränderung bewegten sich drei geniale Künstler – Michelangelo, Leonardo und Raffael – die Kunstwerke schufen, die wir bis heute bewundern.«

Welches Gemälde von Raffael gefällt Ihnen am besten?

»Mein Lieblingsgemälde ist das Fresko „Die Schule von Athen“ – darauf zeigt Raffael praktisch alle Größen seiner Zeit als antike Dichter und Denker. Leonardo und Bramante sind ganz würdevoll dargestellt, während er seinen Dauerkonkurrenten Michelangelo als brütenden Griesgram gemalt hat. Sich selbst hat Raffael auch verewigt. Das Bild verrät meiner Ansicht nach viel über seine Zeit, aber auch über Raffael selbst: Ein Meister seiner Kunst, der ein riesiges Projekt bewältigt, jemand, der mit sich selbst ringt, aber auch Humor besitzt – und ein bisschen eitel ist.«


Ein übermalter Rubinring brachte mich auf die Spur einer geheimen Hochzeit, die zwischen dem berühmten Maler Raffael Sanzio und Margherita Luti kurz vor dem Tod des Künstlers stattgefunden haben könnte. Diese Geschichte erzähle ich in Das Lächeln der Madonna.

– Noah Martin